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Was dich ausmacht…

Last updated on 22. Februar 2021

Wir schauen zusammen Alvin und die Chipmunks. Wie oft hab ich einen dieser Alvin-Filme mit Jona angesehen… 

Jona hat Filme geliebt. Filme waren sein Weg raus aus seiner oft viel zu realen Welt. Raus aus einer Welt, in der nicht viel Raum zum Träumen war. Denn meistens ging es ja einfach nur ums Überleben – den Tag so gut wie möglich über die Bühne bringen. Anschauen. Anhören. Und – bloß nicht lesen…

Warum nicht lesen? Menschen, wie ich, denen das Lesen einfach so zugefallen ist, und die dann nachher Buch um Buch verschlungen haben, und die auch jetzt nur nicht lesen, weil sie wissen, dass sie sich nachher nicht mehr vom Buch lösen können – solche Leute können einfach nicht verstehen, dass es Menschen gibt, für die es nichts Anstrengenderes gibt, als einen geschriebenen Text.

Für Jona war lesen einfach nur immer beschwerlich und anstrengend. Denn Jona konnte nicht wirklich lesen… Sein Gehirn war nicht mehr in der Lage sich die Wörter einzuspeichern. Und trotzdem haben wir, hat er geackert. Zwei Jahre Lese-Rechtschreibtraining an einer Schule, die eigentlich darauf spezialisiert war, Kinder wie ihn voranzubringen. Erst als wir ihn von der Schule nahmen, mussten wir feststellen, dass seine Lesefähigkeit sich fast sogar noch verschlechtert hatte. – Er war halt nur einer von vielen, die wahrscheinlich durchs System rutschen würden… Natürlich hat nicht allein die Schule, haben nicht allein die Lehrer, Schuld. (Und sowieso, was ist das mit der Schuld… Das hat noch keinem wirklich geholfen.)

Doch – wäre ich heute nochmal an der gleichen Stelle, ich weiß nicht, ob ich wieder so viel Druck aufbauen würde wie damals. Druck, der daher kam, dass ich einfach nur wollte, dass er nachher irgendeine Chance hat in dieser erbarmungslosen Welt… Ich glaub, heute würde ich versuchen, das alles ein Stückchen lockerer zu nehmen – und noch viel mehr da fördern, wo wirklich Entwicklungspotential vorhanden ist. Nicht den Fokus auf Baustellen, wo scheinbar nichts zu gehen scheint. Sondern den Fokus ganz besonders auf sichtbare Stärken. Auf Stärken, die sich gerade aufgrund der Schwächen, krass abzeichnen.

Und noch viel mehr würde ich das Vertrauen stärken. Das Vertrauen darin, dass er immer jemand haben wird an seiner Seite. Darin, dass er gebraucht sein wird, gesehen wird. Immer. Darin, dass er etwas ganz anderes geben kann, als die meisten um ihn es geben können. Und ich würde das Vertrauen stärken darin, dass er in manchen Dingen sogar mehr geben kann – mehr als fast alle anderen.

Weil er weiß, was ihn ausmacht. Weil er weiß, wer er ist – und warum. Weil er weiß, wo seine Grenzen sind. Und aber auch weil er weiß, wo er leisten kann – und beitragen kann. Weil er weiß, dass am Ende nicht zählt, was und wieviel man leistet. Sondern, dass einzig und allein zählt, dass man weiß, warum man noch am Leben ist, und für wen und was man lebt. Weil man verstanden hat, was das Leben ausmacht – was einen selbst ausmacht.

Darum hier noch So viel mehr von Max Mutzke – weil ich finde, dass zu jedem Gefühl auch der passende Soundtrack gehört.

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Julia ist Jahrgang 1981. Vor Jahren hat sie mal das Übersetzerhandwerk gelernt, heute schreibt sie Lieder und arbeitet als Sängerin und Stimmtrainerin. 2011 wurde bei ihrem ältesten Sohn Jona ein Hirntumor, genauer bezeichnet als Medulloblastom, festgestellt. Seit seinem ersten Rückfall schreibt sie ihre Gedanken in Form eines Blogs nieder. Zimmerpflanzen mag sie eigentlich gern, hat ihren Kopf aber lieber in Liedern und ihre Finger am Klavier, sodass diese in ihrem Haus meistens kein allzu langes Leben haben. Kuchen bäckt sie so ungern, dass, wenn sie’s doch mal tut, der Rest der Familie fragt, wer denn Geburtstag hat. Sie wünscht sich, sie könnte besser schwimmen, ist aber doch nicht ehrgeizig genug, weil sie sich eigentlich mit Boden unter den Füßen am wohlsten fühlt. Und es geht ihr wie so vielen Müttern auf dieser Welt: Sie ist einfach gern allein – und ist sie’s dann tatsächlich, fühlt sie sich doch, als würde ihr ein Bein fehlen. Mit ihrem Mann, Jonas drei Brüdern und dessen Hund Mia lebt sie in Ravensburg.